WERDERFREUNDE: Mehr als Werder Bremen schauen: Ingo Lüttecke plant Abschied mit Zeichen für Inklusion
Von Christiane Adam.
Ingo Lüttecke plant nach 22 Jahren seinen Rückzug als Präsident der Werderfreunde Emsland Süd. Unter seiner Führung setzte der Fußball-Fanclub Meilensteine für die Inklusion – und deshalb möchte er sich mit einem Zeichen für diese aus dem Amt verabschieden.
Ingo Lüttecke und seine Freunde sind schon früher gern zusammen losgefahren, um sich die Spiele von Fußball-Bundesligist Werder Bremen anzuschauen. „Wir waren so etwa 18 Leute aus Gersten und Umgebung und sind hin und wieder mit Pkw zu den Spielen gefahren“, erinnert sich der aus Wettrup stammende und heute in Langen lebende Emsländer. „Der Nachteil: Zumindest einer musste immer fahren. Da kam uns irgendwann die Idee, dass man einen Bus mieten könnte.“
Aus diesem Gedanken entstand die Idee, einen Fanclub zu gründen. Mit einem Freund, Ingo Backs, nahm Lüttecke die Sache in die Hand. Über Mundpropaganda meldeten sich immer mehr Werder-Fans, zunächst erst einmal nur aus Gersten. Am 5. Januar 2003 war alles unter Dach und Fach, und das Projekt Fanclub nahm Fahrt auf. „Zunächst ging es uns primär ums gemeinschaftliche Fußballschauen“, sagt Ingo Lüttecke. Im Laufe von nun fast 22 Jahren sollte daraus jedoch weitaus mehr werden.
350 Mitglieder haben die Werderfreunde Emsland Süd heute. Einmal monatlich fahren sie zu einem Spiel. Jeweils 50 Personen können mitfahren, so viele, wie eben in den Bus passen. Da Werder Bremen mittlerweile rund 800 Fanclubs hinter sich hat, werde es aber immer schwieriger, an ausreichend Eintrittskarten zu kommen. „Der Flaschenhals ist immer die Kartenzuteilung“, betont Ingo Lüttecke.
Das gemeinschaftliche Fußballschauen bezeichnet er als erste Säule des Fanclubs. Als zweite nennt er den Zusammenhalt. Von Beginn an war klar, dass neben den Fahrten nach Bremen bzw. zu Auswärtsspielen auch andere gesellschaftliche Aktivitäten organisiert werden sollten. Dazu zählen Boßeln, eine Weihnachtsfeier, eine Sommerreise, Ferienaktionen, Betriebsbesichtigungen und mehr. Es gibt eine Dart- und eine Frauenkegelgruppe; einige Mitglieder tummeln sich bei E-Sports, dem sportlichen Wettkampf mit Computerspielen.
Mit der dritten Säule haben sich die Werderfreunde Emsland Süd auch über ihr eigentliches Gebiet hinaus einen Namen gemacht: Die Fußballfans, die inzwischen aus dem kompletten südlichen Emsland stammen, engagieren sich im Bereich Inklusion. „2005 hat uns der Leiter der Werkstatt für Menschen mit Behinderung des Christophorus-Werks angesprochen und gefragt, ob nicht auch mal ein paar Leute von dort mit zu einem Spiel fahren könnten“, erinnert sich Lüttecke.
Dem Wunsch entsprachen die Fans gerne und hielten mit dem Bus direkt am Christophorus-Werk. Etwa 20 Menschen mit Behinderung stiegen damals zu, viele von ihnen sind danach Mitglieder der Werderfreunde Emsland Süd geworden.
Aus dieser ersten Fahrt entstand eine Kooperation mit dem Christophorus-Werk. Zum Vorstand des Fanclubs gehört mittlerweile sogar ein Inklusionsbeauftragter: Markus Wetzel arbeitet als Gärtner des Ludwig-Windthorst-Hauses auf einem Außenarbeitsplatz der Werkstatt für Menschen mit Behinderung und engagiert sich in seiner Freizeit bei den Werderfreunden.
2014 organisierten die Werderfreunde das erste inklusive Fußballcamp. Das fand in Gersten statt und hat den 80 Kindern mit und ohne Behinderung sowie den Betreuern so viel Freude bereitet, dass die Aktion 2017 und 2022 wiederholt worden ist. Werder hat mehrere Vollzeittrainerstellen nur für den Bereich Inklusion. Insofern passt Profiverein und seine emsländischen Fans auch diesbezüglich gut zusammen.
Für ihr Engagement sind die Werderfreunde mehrfach geehrt worden: Bereits dreimal wurden sie zum Werder-Fanclub des Jahres gewählt. Bei einem Wettbewerb „Wie Werder seid ihr?“ hatten die Emsländer den Hauptpreis gewonnen, der daraus bestand, dass die Profikicker 2018 nach Langen kamen, um gegen eine Auswahl aus der Samtgemeinde Lengerich zu spielen.
Ingo Lüttecke hat in seinem Amt als Fanclubpräsident also viel erreicht. Doch nun möchte der 49-Jährige die Verantwortung für die Werderfreunde in jüngere Hände geben. „Ich bin inzwischen Familienvater, und ich engagiere mich noch in anderen Bereichen wie dem Kreissportbund oder als Trainer der Minikicker vom SV Concordia Langen“, sagt er. Am 3. Januar wird gewählt. Designierter Nachfolger ist Jan Schwiertz aus Emsbüren. Die Übergabe habe Lüttecke lange und gründlich vorbereitet.
Zum Ende seiner Amtszeit hat er sich noch ein inklusives Fußballcamp gewünscht. Dieses findet am 23. und 24. November in der Sporthalle vom Gymnasium Georgianum in Lingen statt. Darauf freut sich der scheidende Präsident.
Quelle: Lingener Tagespost, 19.11.2024